ANYTHING BUT FLAT!
Von der Fläche in den Raum
13.10.2024 – 23.03.2025
Wie vielfältig und vielschichtig die Eroberung des (Um-)Raums ist, zeigt die Ausstellung „ANYTHING BUT FLAT! Von der Fläche in den Raum“ mit Werken aus der Sammlung Siegfried und Jutta Weishaupt.
Die kunsthalle weishaupt macht mit dieser Sammlungsausstellung den Facettenreichtum und Reiz der gattungsübergreifenden, dimensionensprengenden Kunstform des Reliefs deutlich: Die Verräumlichung des planen Bildes – bis hin zur freistehenden Skulptur – bietet viel zu entdecken und fordert unsere Wahrnehmung. Die Besucher*innen können die verschiedenen Techniken und Materialien jedoch nicht nur visuell mit den Augen erkunden, sondern an Mitmach-Stationen selbst (nach)empfinden.
Insbesondere seit den 1960er-Jahren setzten und setzen sich Künstler*innen intensiv mit dem Übergang von planer Fläche bis hin zur Dreidimensionalität auseinander. Überlagerungen, Schnitte, Plastiken, Wechselspiele von Volumen und Auslassung, Positiv- und Negativformen – es entstand und entsteht eine Vielfalt neuer Ausdrucksformen und der Raumergreifung von Bildwerken.
So wurde und wird die Leinwand selbst zum Relief. Mal durch Schnitte wie in Lucio Fontanas größtem Zyklus seines Gesamtwerks, den „Tagli“: Dünne Spalten machen den hinter der Leinwand liegenden Raum minimal sichtbar und vergrößern dadurch die geheimnisvolle Wirkung der in der Vorstellung unergründlichen Raumtiefe. Der Untertitel „Attese“ (Erwartungen) der in der Ausstellung präsentierten Werke unterstreicht die metaphysische Dimension der Serie.
Ein anderes Mal durch Überspannung wie in der auf Monochromie, Primärfarben und Objektmalerei reduzierten Kunstform von Turi Simeti: Die Leinwand ist sorgsam über sich abzeichnende Ovale gespannt. Durch diese vermeintlich einfache Technik empfinden die Betrachter*innen eine Irritation, sehen ein Lichtspiel, das sowohl Dynamik als auch Ruhe auslösen kann. Neben Turi Simeti werden noch zwei weitere bedeutende Vertreter der italienischen ZERO-Bewegung in der Ausstellung gewürdigt: Enrico Castellani und Agostino Bonalumi. Auch ihre Arbeiten, mit Objekten, die in den Raum greifen und ihn miteinbeziehen, zeugen von einer puristischen Ästhetik, die in der Erscheinung zwischen Bild und Skulptur anzusiedeln ist. Insbesondere der erstmals gezeigte Sammlungsneuzugang „Blu“ von Bonalumi macht die Überwindung der starren Leinwand – hier durch bewegliche Drahtinstallationen, die verschiedene Höhen und Tiefen erwirken – eindrücklich erlebbar.
Auch Gotthard Graubner entwickelte ein technisches Verfahren, um die raumschaffenden Farblichtbewegungen seiner Bilder durch Verhüllung nicht nur zu intensivieren, sondern auch durch Unterfütterung körperlich erfahrbar zu machen. Der Künstler selbst formulierte es einmal folgendermaßen: „Meine Bilder sind Spiegel des Lichts, Quellen und Filter, sind Trampoline des Lichts. Das Licht wird von der gespannten Haut der Bilder zurückgeworfen, es dringt unter die Haut, weckt die Farben, sättigt sich an ihnen, füllt die Hohlräume und lässt den Puls der Farben durch die Haut nach außen dringen.“
Doch nicht nur durch Ausdehnung, sondern auch durch Schichten und Überlagern, wie in Imi Knoebels „Fishing Red II“ und Tom Wesselmanns „Pacific Peach“ oder durch das Zusammenpressen von Materialien wird der „Ausstieg aus dem Bild“ vollzogen. Letztere Technik ist charakteristisch für die Arbeiten John Chamberlains, der bereits in den 1950er-Jahren seine Liebe zum Metall als Werkstoff entdeckte. Aus sperrigen, meist lackierten und von Gebrauchsspuren gezeichneten Blechen – insbesondere Autoblechen – faltete und komponierte er Gebilde von lebendiger Expressivität. Damit setzte er nicht nur das Formempfinden der abstrakten Expressionisten in Skulptur um, sondern gab mit seinem alltäglichen Ausgangsmaterial auch der Pop-Art entscheidende Impulse.
Die Ausstellung stellt in Anbetracht der Vielfalt des Sujets keine umfassende Präsentation der kunsthistorischen Entwicklung des Hybrids im Zwischenbereich von (Bild-)Fläche bis Raum(-Installation) dar. Vielmehr legt eine – im wahrsten Sinne des Wortes – herausragende Auswahl den Fokus auf beispielhafte Exponate, Schaffensformen und Techniken.
Künstler*innen in der Ausstellung sind neben den oben Genannten: John McCracken, Henrik Eiben, Erich Hauser, Charles Hinman, Andy Ouchi, Katja Strunz, Vincent Szarek, Günther Uecker und Beat Zoderer.
Presserundgang: Donnerstag, 10. Oktober 2024, 10.00 Uhr
mit Kathrin Weishaupt-Theopold, Direktorin der kunsthalle weishaupt
Eröffnungstag: Sonntag, 13. Oktober 2024, 11 – 17 Uhr
11 und 12 Uhr: Kurzführungen für Erwachsene
14 und 15 Uhr: Kurzführungen für Familien mit Kindern
11 bis 15.30 Uhr: ASK ME! An den Mitmach-Stationen stehen Kunstvermittlerinnen bereit für Austausch und gemeinsames Ausprobieren.
Eintritt und Teilnahme an den Führungen kostenfrei
Öffentliche Führungen
jeden Samstag 14 Uhr
Teilnahme: 3 Euro zzgl. Eintritt
Interaktive Kinderführung „Kunst viel(ge-)schichtig“
Termine sonntags
1. Dezember 2024, 5. Januar 2025, 2. Februar 2025, 2. März 2025
jeweils um 14 Uhr, ohne Anmeldung, empfohlen ab 5 Jahren
Teilnahme: 2 Euro pro Kind
Öffnungszeiten
Dienstag bis Sonntag 11–17 Uhr
Montag geschlossen
Eintrittspreise
8 Euro, ermäßigt 6 Euro
Download Pressemitteilung